Wenn der Schnee mit seinem unschuldigen Weiß die Landschaft in scheinbar unendliche Weiten verwandelt, die Stille des Winters in der Natur gewahr wird und sie sich auf wenige Farbtöne reduziert, sich nur noch wenige Halme sanft in der klirrenden Kälte und dem eisigen Wind wiegen, verändert sich der Blick auf einen Landstrich, dessen Atmosphäre und Anschein scheinbar. Aber wenn die Erinnerungen präsent sind, wird die Ruhe des Winters und seinem Stillstand der Zeit auch zu einer Konfrontation mit den kindlichen Wahrnehmungen des Künstlers.


Herwig Prammer schlägt in seiner Serie „Hasenjagd“ das zweite Kapitel auf und reflektiert die unmittelbarsten Orte seines heranwachsenden Lebens in Detailansichten des Bauernhofes und dessen enger Umgebung, porträtiert die Landschaften des unteren Mühlviertels und erzählt von der besonderen Stimmung dieser winterlichen, ruhigen Landschaft. Und doch deckt der Schnee nur in seiner weißen Unschuld vieles zu und die Vergangenheit bleibt trotzdem präsent. Nicht nur der Gedanke an die Flüchtlinge, die im Februar 1945 in der eisigen Kälte, um ihr Leben fürchteten und gnadenlos gejagt wurden, sondern auch eine persönliche Rückkehr in die Zeit der Sprachlosigkeit seiner Kindheit und das Herunterbrechen auf die elementarsten Dinge, verdeutlichen die Fotografien.

In diesem zweiten Kapitel der „Hasenjagd“ schließt Herwig Prammer den Kreis mit der Herangehensweise vieler seiner Materialbilder der Werkserie „Übergänge“. In beiden Fällen bedeckt das Weiß die tieferliegenden Schichten, die erst mit Abkratzungen und Ritzungen marginal an die Oberfläche dringen und das Darunterliegende vermuten lassen. Für die Materialbilder der Serie „Übergänge“ erarbeitet Herwig Prammer in langen Prozessen die Haptik, indem er Elementares wie Sand, Erde, Stroh, Pigmente und Öl immer wieder auf den Bildträger aufbringt und abnimmt. Die Spuren der einzelnen Arbeitsschritte lassen sich oft nur erahnen und bedingen ein genaues Betrachten. Nur ein einfacher, kurzer Blick kann die Tragweite nicht erfassen, sondern ein genaues Schauen wird gefordert und lässt die Bilder als unwirkliche, weisse Landschaften erscheinen. Ähnliches setzen die Fotografien des zweiten Kapitels voraus: Erst ein ausführliches Eingehen auf die Bilder lassen das nur im ersten Augenblick oberfläche Betrachten einer schönen Landschaft und Hauses hinter sich, um zu einem tiefergehenden Auseinandersetzen mit einer geschilderten Erinnerung zu werden.